KZ Sachsenhausen

Am Oberlauf des Havels, etwa 15 Kilometer nördlich von Berlin, liegt die kleine 650- jährige Stadt Oranienburg. Etwa drei Kilometer von Oranienburg liegt das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen.

Als die Nationalsozialisten im Jahr 1933 an die Macht kamen, wurden ungesetzliche Konzentrationslager von der SA- Organisation (SA =Sturmabteilung) gegründet. Das erste Konzentrationslager der Nazis wurde in einer alten Brauerei in Oranienburg im Jahr 1933 errichtet. Das berühmteste Opfer dieser Zeit war der Schriftsteller Erich Mühsam, der im Jahre 1934 zu Tode gefoltert wurde. Ein Mithäftling hat erzählt: "Das Gesicht war feuerrot und vollkommen verschwollen, die Augen blutunterlaufen. Er fiel kraftlos auf seinen Strohsack. 'Die Schweine', stieß er hervor, 'haben mir in den Mund gerotzt'. Am nächsten Tag war sein linkes Ohr wie ei n Boxerohr ganz dick angeschwollen, und aus dem Gehörgang trat eine Blase heraus. Acht Tage ließ man ihn in diesem Zustand ohne Hilfe. Erich Mühsam sagte zu mir: 'Weißt du, vor dem Sterben habe ich keine Angst, aber dieses langsame H inmorden, das ist das Grauenhafte'". (Aus dem Buch "Wie war das eigentlich?" von Max von der Grün.)

Im Ausland erregten diese ersten Konzentrationslager peinliche Aufmerksamkeit, und deswegen wurden sie abgebrochen, auch das Lager Oranienburg. Sie wurden aber durch ein effektiver organisiertes Konzentrationslagernetzwerk ersetzt. 1936 wurde östlich der Stadt Oranienburg der Bau des Konzentrationslager Sachsenhausens begonnen. Sachsenhausen war das Konzentrationslager Berlins, und es war von Juni 1936 bis April 1945 tätig.

Sachsenhausen war vor allem für politische Häftlinge gedacht, aber auch Tausende von Kriegsgefangenen wurden da eingesperrt. Obwohl Sachsenhausen kein Vernichtungslager war, gab es auch da eine Gaskammer und ein Krematorium mit vier Öfen, die Tag und Nacht brannten.

In den Konzentrationslagern wurde nicht nur menschliches Leben vernichtet. Die dort eingesperrten Häftlinge wurden in SS-eigenen Betrieben auf das Unmenschlichste ausgebeutet. Fast alle Betriebe des SS-Konzerns "Deutsche Wirtschaftsbetriebe" waren an Konzentrationslager angeschlossen, in denen die Häftlinge zur Sklavenarbeit gezwungen wurden. Die unvorstellbare Brutalität der SS wird in folgender "Rentabilitätsrechnung" deutlich, die von zynischen Bürokraten für lebende und tote Häftlinge Sachsenhausens aufgestellt wurde.

Die Einnahmen, die eine Häftlingsleiche ihnen brachte, wurden in schamloser Weise so aufgerechnet:

Während der neunjährigen Nazizeit wurden über 100000 Menschen in Sachsenhausen umgebracht. Nach der Berechnung der SS brachte das Lager dem Staat einen Gewinn von mindestens etwa 163 Millionen RM (RM = Reichsmark).


Die Endstation eines Lebens. Ein Obduktionstisch an der pathologischen Station des Lagers. Medizinisch interessante Häftlinge wurden oft mit tödlichen Spritzen umgebracht und danach untersucht. Besonders interessante Leichen wurden auch oft in d ie anatomischen Institute deutscher Universitäten geliefert. Wenn ein Häftling nach der Meinung eines deutschen Offiziers fesselnde Tätowierungen hatte, wurde die Haut abgezogen und dann als Rohstoff z.B. für Lampenschirme ausgenutzt. Auch Köpfe der toten Häftlingen wurden als Schmuckgegenstände verwendet: sie wurden chemisch ausgezehrt und dann als Geschenk gegeben.

Die Geschichte Sachsenhausens war nicht vorbei, als das Lager von der Roten Armee im Jahr 1945 befreit wurde. Sachsenhausen wurde nämlich als Internierungslager der Geheimen Polizei der Sowjetunion, NKVD (später KGB) verwendet bis 1950. Das Lager war vor allem für Kriegs- und Naziverbrecher gedacht, aber auch völlig willkürlich festgenommene Menschen wurden da eingesperrt. Mit ihnen waren z.B. hunderte von 14-15-jährigen Jungen, die im Verdacht standen, Mitglieder in der Organisation "Werwolf", die einen Guerillakrieg vorbereitete gewesen zu sein. Die meisten Häftlinge von NKVD starben an Hunger, Krankheiten, Kälte und Mißhandlungen. Im Waldgebiet in der Nähe von Sachsenhausen gibt es Massengräber, wo über 10000 Opfer der Sowjetzeit ruhen. Die Leichen sind nur zum Teil zu Erde geworden, und viele Verwandten der Opfer haben ihre Angehörige in die Heimat geholt.

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Copyright © (Text und das Bild) Panu Moilanen 1997.